Die Alzheimer-Krankheit (Morbus Alzheimer) ist die häufigste Form der Demenz. Charakteristisch für eine Demenz ist die Abnahme von Gedächtnis und Denkvermögen.
Die Erkrankungshäufigkeit nimmt mit steigendem Lebensalter zu. Bei den über 90-Jährigen ist mindestens jeder Dritte betroffen, vorwiegend Frauen.
Die Entstehungsprozesse der Alzheimer-Demenz sind nicht vollständig geklärt. Typisch sind bestimmte Proteinablagerungen im Gehirn. Von einigen Faktoren weiß man heute, dass sie die Entstehung von Alzheimer fördern. Die Erkrankung verläuft meist kontinuierlich schleichend, bis zur völligen Pflegebedürftigkeit. Wichtig ist, andere, eventuell heilbare Formen der Demenz auszuschließen, bevor man sich auf die Diagnose "Morbus Alzheimer" festlegt. Eine Heilung gibt es derzeit nicht, aber durch gute Betreuung und Medikamente lässt sich der Verlauf verzögern.
Definition:
Als Alois Alzheimer 1906 erstmals eine "eigenartige Krankheit der Hirnrinde" beschrieb, ahnte er nicht, dass sie fast ein Jahrhundert später eines der Hauptthemen neurowissenschaftlicher Forschung sein würde. Das große Interesse, das Alzheimer heute auch von der breiten Öffentlichkeit erfährt, hat viele Gründe: ihre Häufigkeit, die mit der steigenden Lebenserwartung noch zunimmt, ihr jahrelanger und unausweichlich fortschreitender Verlauf und schließlich ihre Symptome, die ein würdevolles menschliches Dasein schwer beeinträchtigen, wenn nicht unmöglich machen.
Bei der Alzheimer-Krankheit gehen zunehmend Nervenverschaltungen (Synapsen) verloren, die Gehirnzellen schrumpfen. Normale Hirnfunktionen wie das Gedächtnis, die Intelligenz und das Verhalten sind dadurch stark beeinträchtigt und lassen nach. Die Folge: Alzheimer-Patienten fällt es immer schwerer, alltägliche Aufgaben zu bewältigen.
Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste Demenzform (60 bis 70 Prozent aller Fälle von Demenz). Etwa fünf Prozent der über 65-Jährigen und jeder Fünfte der über 80-Jährigen sind betroffen. Mit steigendem Durchschnittsalter der Bevölkerung werden diese Zahlen wahrscheinlich noch deutlich zunehmen. Gegenwärtig leben in Deutschland etwa eine Million Demenz-Patienten. Über zwei Drittel sind an Alzheimer erkrankt, also ca. 600.000–800.000 Menschen. In Europa ist die Alzheimer-Krankheit die vierthäufigste Todesursache.
Ursachen:
Die Ursachen der Alzheimer-Krankheit sind nicht vollständig geklärt. Viele Faktoren beeinflussen die Krankheitsentstehung. Dazu gehören Erbanlagen, Kopfverletzungen und bestimmte Grunderkrankungen.
Der typische Gehirnschwund folgt aus dem Schrumpfen der Nervenzellen und dem Verlust von Nervenzellkontakten. In den Gehirnen von Alzheimer-Kranken finden sich charakteristische Veränderungen, etwa ein Mangel an Botenstoffen (Neurotransmittern). So soll die Störung von Gedächtnis, Konzentration und Aufmerksamkeit auf den Mangel an Acetylcholin zurückzuführen sein. Fehlen Noradrenalin oder Serotonin, kommt es zu Depressionen, Angst oder Unruhe. Im Zusammenhang mit dem Nervenzelluntergang stehen krankhafte Proteinbildungen im Gehirn, die unter anderem als fleckenförmige Ablagerungen auffallen.
Ungefähr zehn Prozent aller Alzheimer-Fälle sind genetisch bedingt. Sie beginnen besonders früh, meist vor dem 60. Lebensjahr. Gesichert sind mittlerweile Punktmutationen auf verschiedenen Chromosomen, die auf die Nachkommen übertragen werden.
Risikofaktoren:
Man hat eine Reihe von Risikofaktoren identifiziert, welche die Entstehung der Alzheimer-Demenz begünstigen. Der wichtigste ist das Lebensalter. Mit dem Alter steigt die Erkrankungshäufigkeit nahezu exponentiell – vom 65-Jährigen zum 90-Jährigen um mehr als das 30-Fache. Der Einfluss des Geschlechts ließ sich bisher nicht eindeutig klären, wenngleich sich für Frauen im hohen Alter ein größeres Erkrankungsrisiko abzeichnet. Wichtiger aber sind auch hier genetische Faktoren.
Zu den wahrscheinlichen Risikofaktoren des Morbus Alzheimer zählt auch ein Schädel-Hirn-Trauma. Allerdings sind die wissenschaftlichen Angaben hierzu widersprüchlich. Wenig weiß man über den Einfluss von Lebensmitteln. Im Visier etwa hatte man Fette oder Aluminium – ein eindeutiger Zusammenhang ließ sich jedoch nicht beweisen. Nikotin und Alkohol dagegen scheinen sich negativ auszuwirken. Auch Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), Schilddrüsen-Unterfunktion oder Bluthochdruck erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer Alzheimer-Demenz.
Außerdem ist das Down-Syndrom (Trisomie 21) ein Risikofaktor für Morbus Alzheimer. Personen mit Trisomie 21 haben besonders im mittleren und höheren Alter ein hohes Risiko, an Alzheimer zu erkranken.
Symptome:
Die Symptome der Alzheimer-Krankheit richten sich nach ihrem Schweregrad.
Ungeachtet der individuellen Ausprägung unterscheidet man grundsätzlich drei Stadien:
Diese Einteilung ist nicht zuletzt für die Wahl der Therapie wichtig.
Frühsymptom der Demenz vom Alzheimer-Typ ist die Unfähigkeit, Neuinformationen zu speichern: Der Betroffene hat Schwierigkeiten, sich in fremden Situationen zurechtzufinden. Nach und nach geht dies auch auf vertraute Situationen über. Vor allem das Kurzzeitgedächtnis lässt schnell nach. Nicht immer lässt sich eine Demenz dabei problemlos von altersbedingter Vergesslichkeit unterscheiden. Als Beispiel: Der altersvergessliche Mensch mag zuweilen vergessen, die Herdplatte vor Verlassen des Hauses auszuschalten – der Demenzkranke vergisst darüber hinaus, dass er überhaupt hatte kochen wollen.
Zu den wichtigsten Symptomen der Alzheimer-Krankheit zählen Wortfindungsstörungen und Wortverwechselungen. Der Betroffene neigt außerdem dazu, Bewegungsabläufe durcheinander zu bringen. So wird das Bedienen einer vertrauten Kaffeemaschine zum Problem, das Zuknöpfen des Hemds fällt schwer oder ist nicht mehr möglich, der korrekte Umgang mit Essbesteck wird "verlernt". Auffallend ist: Allen Merkfähigkeits-, Orientierungs- und Denkstörungen zum Trotz bleiben Gefühle, Persönlichkeit und äußeres Auftreten oft lange Zeit intakt ("Die Fassade bleibt erhalten").
Im Endstadium der des Morbus Alzheimer kehren Reflexe aus der frühen Kindheit zurück, wie etwa der Greif- oder der Saugreflex. Der Betroffene erkennt nahe Angehörige und Freunde nicht mehr, er benötigt Pflege rund um die Uhr. Am Ende ist er bettlägerig. Auch organische Funktionen sind bei Morbus Alzheimer zunehmend beeinträchtigt: Die Kontrolle über die Darm- und Blasentätigkeit versagt, der Tag-Nacht-Rhythmus ist gestört, der Gang wird unsicher; schließlich kann der Patient weder kauen noch schlucken. In dieser Situation steigt die Gefahr einer – nicht selten tödlich verlaufenden – Lungenentzündung. Tatsächlich gilt: Atemwegsinfekte sind die häufigste Todesursache bei Alzheimer-Patienten.
Diagnose:
Ein erfahrener Arzt kann eine Demenz mit einfachen Mitteln sicher diagnostizieren. Oft reichen schon die Schilderung der typischen Beschwerden, das Auftreten des Betroffenen und eine sorgfältige Untersuchung für den Verdacht einer Demenz aus. Für die Untersuchung unerlässlich sind neuropsychologische Tests, welche die Gedächtnisdefizite quantifizieren helfen. Sie können besonders im Frühstadium der Erkrankung wichtige Hinweise geben. Hilfreiche Aussagen erhält der Arzt auch von Angehörigen oder anderen Personen, die den Betroffenen gut kennen und erste Veränderungen bemerkt haben.
Untersuchungsverfahren, die das Gehirn in Schichten darstellen, können die Diagnose des Morbus Alzheimer sichern. Dazu gehören Magnetresonanztomographie (MRT) und Computertomographie (CT). Typisch für Alzheimer ist eine Verkleinerung des Gehirns, besonders im Bereich des Scheitel- und Schläfenlappens. Die Schichtaufnahmen können allerdings gerade im Frühstadium noch unauffällig sein.
Um andere Erkrankungen auszuschließen, gehören auch verschiedene Blutuntersuchungen zur Diagnostik. Spezialverfahren wie die Positronemissionstomographie (PET) kommen eher selten zum Einsatz. Mit ihrer Hilfe lässt sich der bei Alzheimer verminderte Hirnstoffwechsel feststellen. Weitere diagnostische Schritte wie die Untersuchung des Hirnwassers können helfen, die Ursachen der Demenz zu klären.
Die Diagnose Morbus Alzheimer wird gestellt, wenn Gedächtnisstörungen vorliegen, andere Erkrankungen ausgeschlossen werden können und mindestens eines der folgenden Symptome zutrifft:
* Aphasie: Sprachstörungen aufgrund fehlerhafter Hirnfunktion * Apraxie: Unfähigkeit, erlernte Handlungen auszuführen * Agnosie: Erkennungsstörung trotz intakter Sinne (z.B. Prosopagnosie) * Störungen der Exekutivfunktionen, also der Selbstregulation
Therapie:
Die Alzheimer-Krankheit ist derzeit nicht heilbar. Umso wichtiger ist die Früherkennung, denn gerade im Frühstadium lässt sich der Verlauf positiv beeinflussen. Die heute verfügbaren Medikamente helfen, den Krankheitsverlauf zu verzögern. Ziel ist es, dem Betroffenen möglichst lange seine Lebensqualität und Selbstbestimmtheit zu erhalten, ehe die Gedächtnisleistungen so nachlassen, dass er entscheidungsunfähig ist.
Die rechtzeitige medikamentöse Therapie und eine gute Einbindung in psycho- bzw. soziotherapeutische Maßnahmen dienen nicht nur dem an Morbus Alzheimer Erkrankten selbst. Sie entlasten die ihn Pflegenden, meist Angehörige. Wichtig ist: Der an Alzheimer Erkrankte soll sich gut aufgehoben fühlen und spüren, dass seine verlangsamte Denkweise nicht zum Ausschluss von allen sozialen Aktivitäten führt. Andererseits darf die Betreuung durch die Pflegenden nicht zur Selbstaufgabe führen. Je früher die Diagnose steht, desto besser sind die Chancen für alle Beteiligten, das Leben mit der Krankheit bestmöglich zu planen.
Medikamente:
Moderne Arzneimittel – sog. Antidementiva – können das Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit um ein bis zwei Jahre verlangsamen. Sie helfen, Gedächtnis, Wohlbefinden und Konzentrationsfähigkeit zu verbessern. Ziel ist es, die Selbstständigkeit und Lebensqualität so lange wie möglich zu erhalten.
Zur medikamentösen Behandlung stehen zwei Substanzgruppen zur Verfügung: Memantin und Acetylcholinesterase-Hemmer. Sie beeinflussen die Botenstoffe Glutamat bzw. Acetylcholin.
Acetylcholinesterase-Hemmer stoppen den Acetylcholinmangel. Bei Alzheimer kommt es durch den Schwund von Hirnmasse zu einem Mangel an Acetylcholin, das für die Informationsübertragung zwischen den Nerven wichtig ist. Acetylcholinesterase-Hemmer verhindern den enzymatischen Abbau von Acetylcholin und mildern so das Botenstoff-Defizit. Inzwischen stehen einige Acetylcholinesterase-Hemmer für die Therapie leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenzen zur Verfügung, z.B. Donepezil, Rivastigmin oder Galantamin. Die Substanzen können zu Nebenwirkungen führen, vor allem zu Beschwerden des Magen-Darm-Trakts. Auch Schlaflosigkeit und Kopfschmerzen können auftreten.
Memantin schützt vor erhöhter Glutamatkonzentration. In Deutschland ist die Substanz für die Behandlung der moderaten bis schweren Alzheimer-Demenz zugelassen. Memantin verändert die schädlichen Auswirkungen des bei Alzheimer im Übermaß vorhandenen Glutamats an den so genannten NMDA-Rezeptoren. Als Folge werden Lernsignale wieder erkannt, der Alzheimer-Patient wird geistig aktiver. Die Empfehlungen zu Memantin sind international und national nicht immer einheitlich. In den aktuellen nationalen Demenz-Leitlinien ist ihr Einsatz als gerechtfertigt beschrieben.
Widersprüchliche Ergebnisse gibt es zu den Ginkgo biloba-Präparaten. Am ehesten sollen sie noch bei leicht dementen Alzheimer-Patienten eine Verbesserung des Gedächtnisses bewirken. Derzeit wird eine große Bandbreite an weiteren Wirkstoffen bzw. Verfahren gegen Alzheimer erforscht.
Zusätzliche therapeutische Maßnahmen:
Mindestens ebenso wichtig wie die medikamentöse Therapie des Morbus Alzheimer ist eine gute Betreuung des Betroffenen. Bevormundung oder Unterforderung sind dabei genauso destruktiv wie eine Überforderung des Erkrankten.
Insbesondere in fortgeschritteneren Krankheitsstadien sind Stabilität und Vertrautheit zentral wichtig. Der Alzheimer-Patient sollte sich in der ihm vertrauten Umgebung noch möglichst lange allein zurechtfinden können. Kleine Erfolgserlebnisse stabilisieren das Selbstvertrauen. Milieutherapie, Selbsterhaltungs-Therapie und Gedächtnistraining unter professioneller Anleitung sind weitere Bausteine.
Selbsthilfegruppen, Fachärzte und spezialisierte Gedächtniskliniken für Morbus Alzheimer bieten Anlaufstellen für Information und Unterstützung.
Verlauf:
Typisch für die Alzheimer-Erkrankung ist ein langsames, kontinuierliches Fortschreiten über Jahre oder Jahrzehnte. In seltenen Fällen verschlechtert sich die Demenz rasch oder verläuft in Schüben: Phasen, in denen der Alzheimer-Patient klar denken kann, wechseln sich abrupt ab mit Stimmungsschwankungen und deutlich nachlassender Geistesfähigkeit.
Obwohl Alzheimer nicht bei allen Betroffenen gleich verläuft, gibt es charakteristische Phasen:
* Frühstadium: Es zeigen sich erste Einschränkungen im Kurzzeitgedächtnis sowie in der Orientierung. * Mittleres Stadium: Die Einschränkungen des Frühstadiums sind verstärkt, kognitive Leistungen und Orientierung stark eingeschränkt. Es kommt zu Inkontinenz, die Alltagsbewältigung ist selbstständig kaum mehr möglich. Depressionen, Wahnvorstellungen, Ängste. * Endstadium: Der an Alzheimer Erkrankte ist vollkommen pflegebedürftig, Angehörige werden nicht mehr erkannt. Ein Gedächtnis ist kaum noch vorhanden, jedoch treten auch keine Depressionen oder Wahnvorstellungen mehr auf.
Vorbeugen:
Da die Ursachen der Alzheimer-Demenz bis heute nicht vollständig geklärt sind, lässt sich der Erkrankung nicht gezielt vorbeugen. Von einigen Grunderkrankungen jedoch ist bekannt, dass sie das Risiko für die Alzheimer-Krankheit erhöhen: Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), Bluthochdruck, Vorhofflimmern, Schilddrüsen-Unterfunktion, eine bereits familiär aufgetretene Demenz vom Alzheimer-Typ, Nikotin- und Alkoholmissbrauch sowie frühere Kopfverletzungen. Ein hohes Bildungsniveau korreliert mit einer geringeren Erkrankungswahrscheinlichkeit.
Wichtig ist, die genannten Grunderkrankungen frühzeitig und effektiv zu behandeln, um Morbus Alzheimer vorzubeugen. Darüber hinaus soll kontinuierliches Gedächtnistraining vorbeugend wirken.