Die Appendektomie ist die operative Entfernung des Wurmfortsatzes (Appendix vermiformis). Die im allgemeinen Sprachgebrauch fälschlicherweise als Blinddarmentfernung bezeichnete Operation wird meist zur Behandlung der Appendizitis (umgangssprachlich Blinddarmentzündung) eingesetzt. Die Bezeichnungen Blinddarmentzündung und Blinddarmentfernung sind medizinisch nicht richtig, da es sich jeweils um den Wurmfortsatz handelt, welcher entzündet ist und entfernt wird. Die Operation wird außer bei entzündlichen Erkrankungen auch bei Tumoren wie z. B. dem Appendix-Karzinoid eingesetzt. Die erste erfolgreiche Appendektomie wurde 1735 eher zufällig durch Claudius Amyand (Chirurg von Georg II. in London) an einem elfjährigen Jungen vorgenommen.
Indikation
Der klinische Verdacht auf akute Appendizitis ist die häufigste und dringlichste Indikation zur Appendektomie. Rezidivierende, untypische rechtsseitige Unterbauchbeschwerden führen nach Ausschluss einer anderen Erkrankung (Salpingitis, Zystitis etc.) ebenfalls zu einer Appendektomie-Indikation. Tumoröse Veränderungen (Appendix-Karzinoid) sind oft symptomfrei und fallen bei Laparotomien oder Laparoskopien aus anderen Gründen auf. Sie stellen dann ebenfalls eine Indikation zur Appendektomie dar. Die prophylaktische Appendektomie z. B. vor längeren Aufenthalten in medizinisch unterversorgten Gebieten wird kontrovers diskutiert, aber dennoch gelegentlich ausgeführt.
Operationsprinzip
Die Blutversorgung der Appendix vermiformis über das sogenannte Mesoappendix (früher Mesenteriolum) wird durch Unterbindung oder Elektrokoagulation unterbrochen und durchtrennt. Die Appendix wird dann an der Basis, das heißt am Übergang von der Appendix zum Blinddarm (Caecum) unterbunden und abgesetzt. Die Unterbindung erfolgt beim konventionellen Verfahren mittels resorbierbarem Faden, beim laparoskopischen Vorgehen wird dieser als sogenannte „Röder-Schlinge“ eingesetzt, alternativ kommt hier auch die Anwendung eines (teuren) Staplers in Frage. Der Stumpf kann durch eine sogenannte Tabaksbeutelnaht in das Caecum eingestülpt oder nach Desinfektion belassen werden. Bei hochgradig entzündlichen Befunden wird eine Zieldrainage eingebracht.
Zugangswege
Der Zugang erfolgt über Laparotomie oder Laparoskopie. Man spricht daher von konventioneller und laparoskopischer Appendektomie. Letztere wurde am 13. September 1980 weltweit erstmalig an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel durch den Gynäkologen Kurt Semm durchgeführt. Noch 1981 forderte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie nach einem Vortrag über die laparoskopische Appendektomie in einem Brief an den Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, Kurt Semm die Approbation zu entziehen. Eine wissenschaftliche Veröffentlichung über die laparoskopische Appendektomie im American Journal of Obstetrics and Gynecology wurde mit der Begründung, die Technik sei unethisch, abgelehnt.
Konventioneller Zugang
Typisch: Wechselschnitt nach McBurney: Kurzer Schrägschnitt am rechten Unterbauch, Eröffnen der Faszie, die Fasern der Bauchmuskulatur (M. rectus abdominis, M. obliquus externus abdominis, M. obliquus internus abdominis) werden in ihrem Verlauf auseinandergedrängt, Darstellen und Eröffnen des Bauchfells. Wurde im Volksmund auch „Bikinischnitt“ genannt. Pararectalschnitt: wie oben, allerdings wird an der seitlichen Begrenzung des M. rectus abdominis eingegangen. Transrectalschnitt: Längsschnitt am rechten Unterbauch, Längsspaltung des M. rectus abdominis. Dieser Schnitt wird bei adipösen Patienten oder höchst akuten / unklaren Befunden bevorzugt, da er sich nach Belieben verlängern lässt.
Atypisch: Unterbauch-Mittelschnitt (mediale Laparotomie): Bei unklarer Diagnose oder großer Wahrscheinlichkeit schwerwiegender Verwachsungen.
Laparoskopischer Zugang
Der Zugang für die Optik wird üblicherweise knapp unterhalb des Nabels mit einem ca. 10 mm langen Hautschnitt angelegt. Zwei Arbeitszugänge (5 mm und 10 mm) werden am Unterbauch an der oberen Grenze der Schambehaarung angelegt.
Risiken und Komplikationen
Typische Komplikationen und damit Risiken der Appendektomie sind: Insuffizienz des Appendix-Stumpfes (also das Nichthalten der Naht) mit nachfolgendem Abszess oder gar eitriger Bauchfellentzündung (Peritonitis); Wundinfektion (vor allem bei Perforation der Appendix durch intraoperative Verschleppung von Erregern in die Bauchdecken), Verwachsungen, gelegentlich mit der Folge eines Darmverschlusses (Ileus), (Nach-)Blutung, Verletzung von Darm, Harnleiter oder anderen Nachbarorganen, Narbenbruch.
- Kosmetisch mäßig überlegen - Möglichkeit der Diagnostik des gesamten Abdomens, vor allem Absicherung der Differentialdiagnose Salpingitis, Ovarialzyste - Geringfügig schnellere Rekonvaleszenz - Selteneres Auftreten von Narbenhernien (Narbenbrüchen)
Vorteile des konventionellen Verfahrens
- Geringerer apparativer Bedarf - Einfachere Möglichkeit der Eingriffserweiterung
Die Kosten der beiden Verfahren unterscheiden sich – bei Einsatz der Röder-Schlinge (laparoskopisch) – nur marginal; das laparoskopische Instrumentarium ist in jeder Klinik im deutschsprachigen Raum vorhanden.